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Portugal in 100 Objekten
Cartilha Maternal
Die Lesefibel für Kinder Cartilha Maternal wurde in Portugal erstmals 1876 publiziert.
Im Jahre 1888 hat das Parlament (Cortes portuguesas) dieses Büchlein zum offiziellen Lehrbuch für die
Einführung der Kinder in die Lesetechnik der portugiesischen Sprache. Die Fibel hieß "Maternal", weil der Autor zunächst davon ausging, daß die Mütter den Leseunterricht erteilen würden.
Wichtige Neuerungen waren die Benutzung von Silbentrennung als Lesehilfe und die Verwendung von zwei Farben, Schwarz und Grau. Mit dem Grau erreicht er eine Silbentrennung, ohne die grafische Einheit des Wortes zu unterbrechen...

Cartilha maternal, die Lesefibel von João de Deus

Joao de Deus

Dichter, Journalist, Humanist, Volkserzieher, Wohltäter — João de Deus de Nogueira Ramos wurde 1830 im verschlaffenen Ort São Bartolomeu de Messines (Algarve) geboren, und starb 1896 in Lissabon.

Ein Student der Rechstwisssenschaften, der aber schon früh sich der Dichtkunst zuwandte. Neben seinen Gedichten hat er sich besonders für die bitter nötige Alphabetisierung in Portugal eingesetzt.

Sein Werk Cartilha Maternal ist — im Rahmen seiner Zeit — ein unvergleichlich fortschrittliches pädagogisches Werk zum Lesenlernen. Für diese Lesefibel hat er u.a. die Einsichten von Johann Heinrich Pestalozzi und Friedrich Wilhelm August Fröbel mitverwertet.

Im Jahre 1859, als João de Deus, der als sprichwörtlich bettelarmer Student sein Studium der Juristerei beendet hatte, entscheidet er sich in der Universitätsstadt Coimbra zu verbleiben. Er arbeitet als Advokat und schreibt satirische Gedichte, wie z.B. A lata (1860) und A Marmelada. Nebenbei übersetzt er Schmöcker aus dem Französisch.

Beja, Messines, Lissabon. Da er kein Gefallen an der Juristerei findet, entscheidet er sich nach Beja im Alentejo zu gehen. Dort hatte man ihm 1862 einen Redaktionsposten bei der Zeitung O Bejense angeboten.

In Beja bleibt er bis 1864, dann kehrt er in seine Heimatsstadt Messines zurück. Er pflegt seine Verbindung zur Regionalpresse im Alentejo und in der Algarve und schreibt für die Folha do Sul. In São Bartolomeu de Messines und im nahen Silves versucht er sich wieder als Anwalt, wieder ohne Erfolg. 1868 geht er nach Lissabon, um dort zu leben.

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Lissabon ist ein Leben voller Entbehrungen. Er verbringt seine Zeit in Cafés, vor allem im Martinho da Arcada, aber er findet keinen stabilen Lebenswandel. Er überlebt mit der Anfertigung von Übersetzungen, Predigten und Hymnen für religiöse Feierlichkeiten und diverse "literarische Kollaborationen". Er soll sogar Frauenkleidung genäht haben.

Er schreibt für Zeitschriften wie Branco e Negro (1896-1898), A comedia portugueza (1888-1902), A imprensa (1885-1891), A Leitura (1894-1896), A mulher (1879), O Panorama (1837-1868) und A semana de Lisboa (1893-1895).

Die Erlösung aus diesem Leben in Armut und Bohéme kommt in Form seiner Gattin, Dona Guilhermina de Battaglia Ramos. Schließlich widmet er sich der Alphabetisierung. Nach 10 Jahren Arbeit geht seine Cartilha in Druck.

Die neuartige Fassung eines Método de Leitura löst sofort eine intensive Polemik aus, da die Cartilha die alten Lehrmethoden über Bord wirft. Wichtige aufgeklärte Köpfe, wie die Sprachforscherin Carolina Michaelis de Vasconcelos (in Porto), sind begeistert über die neue Lesefibel.

Im Jahre 1888 hat das Parlament (Cortes Portuguesas) dieses Büchlein zum offiziellen Lehrbuch für die Einführung der Kinder in die Lesetechnik der portugiesischen Sprache. Bald setzt ein regelrechter Kult um die Person von João de Deus ein.


Zitat aus dem Roman von Theodor Fontane Der Stechlin, Kapitel 16 ...

"Nun, so sei's denn. Ich muß es aber auf einem Umwege versuchen und Ihnen bei der Gelegenheit als Nächstes schildern, wie meine letzte Begegnung mit Lorenzen verlief. Er war, als ich bei ihm eintrat, in ersichtlich großer Erregung, und zwar über ein Büchelchen, das er in Händen hielt."

"Und ich will raten, was es war", unterbrach Melusine.

»Nun?«

»Ein Buch von Tolstoi. Etwas mit viel Opfer und Entsagung. Anpreisung von Askese.«

»Sie sind auf dem richtigen Wege, Gräfin, nur nicht geographisch. Es handelt sich nämlich nicht östlich um einen Russen, sondern westlich um einen Portugiesen.«

"Um einen Portugiesen«, lachte die Baronin. »oh, ich kenne welche. Sie sind alle so klein und gelblich. Und einer fand einen Seeweg. Freilich schon lange her. Ist es nicht so?«

"Gewiß, Frau Baronin, es ist so. Nur der, um den es sich hier handelt, das ist keiner mit einem Seeweg, sondern bloß ein Dichter."

»Ach, dessen erinnere ich mich auch, ja, ich habe sogar seinen Namen auf der Zunge. Mit einem großen C fängt er an. Aber Calderon ist es nicht.«

»Nein, Calderon ist es nicht; es deckt sich da manches, auch schon rein landkartlich, nicht mit dem, um den sich's hier handelt. Und ist überhaupt kein alter Dichter, sondern ein neuer. Und heißt João de Deus.«

"João de Deus", wiederholte die Gräfin. " Schon der Name. Sonderbar. Und was war es mit dem?"

"Ja, was war es mit dem? Dieselbe Frage tat ich auch, und ich habe nicht vergessen, was Lorenzen mir antwortete: ›Dieser João de Deus‹, so etwa waren seine Worte, ›war genau das, was ich wohl sein möchte, wonach ich suche, seit ich zu leben, wirklich zu leben angefangen, und wovon es beständig draußen in der Welt heißt, es gäbe dergleichen nicht mehr.

Aber es gibt dergleichen noch, es muß dergleichen geben oder doch wieder geben. Unsre ganze Gesellschaft (und nun gar erst das, was sich im besonderen so nennt) ist aufgebaut auf dem Ich. Das ist ihr Fluch, und daran muß sie zugrunde gehen. Die Zehn Gebote, das war der Alte Bund; der Neue Bund aber hat ein andres, ein einziges Gebot, und das klingt aus in: ›Und du hättest der Liebe nicht...‹

Ja, so sprach Lorenzen", fuhr Woldemar nach einer Pause fort, "und sprach auch noch andres, bis ich ihn unterbrach und ihm zurief: ›Aber, Lorenzen, das sind ja bloß Allgemeinheiten. Sie wollten mir Persönliches von João de Deus erzählen. Was ist es mit dem? Wer war er? Lebt er? Oder ist er tot?‹

›Er ist tot, aber seit kurzem erst, und von seinem Tode spricht das kleine Heft hier. Höre.‹ Und nun begann er zu lesen. Das aber, was er las, das lautete etwa so:
›... Und als er nun tot war, der João de Deus, da gab es eine Landestrauer, und alle Schulen in der Hauptstadt waren geschlossen, und die Minister und die Leute vom Hof und die Gelehrten und die Handwerker, alles folgte dem Sarge dicht gedrängt, und die Fabrikarbeiterinnen hoben schluchzend ihre Kinder in die Höh' und zeigten auf den Toten und sagten: Um Santo, um Santo. Und sie taten so und sagten so, weil er für die Armen gelebt hatte und nicht für sich.‹«...


Literatur

Ruivo, Isabel. João de Deus: Método de leitura com sentido. Actas do VI Encontro Nacional (IV Internacional) de Investigação em Leitura, Literatura Infantil e Ilustração. Braga: Universidade do Minho, 2006.

CAMPAGNOLO, H. (1997). João de Deus. Pedagogo Moderno. Lisboa: Museu João de Deus.

CONTENT, A.; KOLINSKY, R.; MORAIS, J. & BERTELSON, P. (1986). Phonetic segmentation in pre-readers: Effects of corrective information. Journal of Experimental Child Psychology, 42, 49-72.

Deus, J. de (1876). A Cartilha Maternal ou Arte de Leitura. Porto: Typ. de António da Silva Teixeira

Deus, J. de (1877). A Cartilha Maternal e a Imprensa. Lisboa: Typ. das Horas Românticas.

Deus, J. de (2003). A Cartilha Maternal. Lisboa: Associação de Jardins-Escola João de Deus.

Deus, M.L. (1997). Guia Prático da Cartilha Maternal. Lisboa: Associação de Jardins-Escola João de Deus.